Was würden Sie tun, wenn Sie 1500,- Euro mehr im Monat zur Verfügung hätten? Öfter verreisen? Shoppen gehen? Oder doch für die Traumwohnung oder das Traumhaus sparen? So oder so, es wäre eine feine Sache. Für die Schweizer könnten diese 1500,- € (ca. 1600 Schweizer Franken) zusätzlich im Monat bald Realität werden. Im Juni stimmen sie über das sogenannte bedingungslose Grundeinkommen ab. Egal welcher Job, egal ob Kind, Erwachsener oder Rentner, alle erhalten ohne Abzüge umgerechnet 1500,- € im Monat zusätzlich zu anderen Einkünften. Auch in Deutschland gibt es die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens (BGE) schon lange, bisher konnte sie sich aber nicht durchsetzen.
Was aber sind die Folgen einer solchen Finanzspritze? Um dieser Frage nachzugehen, hat sich der Verein „Mein Grundeinkommen“ dazu entschlossen, mittels Crowdfunding ein bedingungsloses Grundeinkommen von 1000,- € im Monat an die Gewinner einer Verlosung für ein Jahr auszuzahlen. Die Erfahrungsberichte der Menschen veröffentlichen sie dann auf ihrer Internetseite www.mein-grundeinkommen.de. Dort berichten viele von einem unbeschwerteren Leben. Endlich sei es möglich, auch die etwas teureren Bio- oder Fairtrade-Produkte zu kaufen. Außerdem müssten sie nicht mehr in die Arbeit gehen – sie dürften. Eine ganz neue, positivere Einstellung zum Beruf sei das, ein Effekt, der eine Leistungssteigerung bewirke.
Aber fällt dadurch nicht der Anreiz weg, überhaupt zur Arbeit zu gehen? Eine Frage, die durchaus ihre Berechtigung hat. In einer Zeit des rasanten, technologischen Fortschritts und der Digitalisierung, durch die immer mehr Arbeitskräfte durch Maschinen ersetzt werden können, ist das BGE als finanzielle Absicherung aber durchaus ein zukunftsorientiertes Modell.
Auch bildungspolitisch gesehen wäre ein bedingungsloses Grundeinkommen ein Segen. 1000,- € im Monat, die die Eltern für ihre Kinder bzw. die Kinder selbst voll in ihre Bildung investieren könnten. Sicher auch langfristig ein sehr positiver Effekt für die ganze Gesellschaft.
Stellt sich nur die Frage, die bei den Gegnern des BGE immer im Mittelpunkt steht: die Frage nach der Finanzierung. Es ist zweifellos entscheidend, ob das BGE überhaupt in einer Gesellschaft funktionieren kann. Die Schweiz oder auch die Mitglieder von „Mein Grundeinkommen“ haben dazu verschiedene Modelle entwickelt. Orientiert man sich an diesen, würde das für Deutschland vereinfacht folgendes bedeuten:
Wenn man jedem der 81 Millionen Bundesbürger 1000,- € Euro monatlich zahlt, benötigt der Staat eine Summe von rund 1 Billion Euro jährlich. Ein erster Teil könnte zum Beispiel durch den Wegfall von Verwaltungseinrichtungen, die den bisherigen Sozialtransfer mit erheblichem Verwaltungsaufwand regeln, finanziert werden. Die Abwicklung von Hartz IV-Verfahren beispielsweise ist sehr kostspielig. Hartz IV selbst würde selbstverständlich auch gestrichen und in die Finanzierung des BGE gesteckt werden. Der größte Teil (ca. 700 Milliarden) käme aus den Sozialleistungen wie Kindergeld, Arbeitslosengeld, Sozialhilfe, usw. Auch diese Kosten würden wegfallen. Den Rest (ca. 200 Milliarden) müsste man durch Steuererhöhungen eintreiben, zum Beispiel bei der Mehrwertsteuer.
Viele Gegner argumentieren damit, dass diese Rechnung viel zu einfach wäre. In Wahrheit sei alles viel komplexer und erst recht nicht realisierbar. Wenn aber ein Land wie die Schweiz nun wirklich per Volksabstimmung über einen solchen gravierenden Einschnitt abstimmt, müsste dieser auch in seiner Komplexität nicht doch einigermaßen tragfähig sein? Die Schweizer haben nun jedenfalls bis zum 5. Juni Zeit, sich Gedanken zu machen, ob sie ihr bedingungsloses Grundeinkommen möchten oder nicht – mit allen Vor- und Nachteilen.