Hitler statt Goethe und Schiller?

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„Er ist wieder da“ hieß David Wendts satirischer Film über Adolf Hitler, der vor kurzem in den deutschen Kinos zu sehen war. Sofort kam die Frage auf: „darf man sich über den Diktator und ein so ernstes Thema wie das Dritte Reich lustig machen?“. Ja, man darf. Im Rahmen der Kunst und der Unterhaltung ist dies durchaus erlaubt. Zurzeit diskutiert die Gesellschaft und die Politik aber ein weitaus ernsteres Thema bezüglich Adolf Hitler. Es geht um Hitlers Buch „Mein Kampf“. Am 01. Januar 2016 erlosch das Urheberrecht des Freistaats Bayern an diesem Werk und jedermann kann seit Freitag das Buch kaufen, nachdrucken oder verkaufen. Am 09. Januar erscheint deshalb eine kommentierte Ausgabe des Buches. Zahlreiche Politiker und Lehrer fordern nun, dass diese Ausgabe als eine Art Pflichtlektüre in den deutschen Schulen besprochen werden muss.

Die kritische Edition vom Institut für Zeitgeschichte (IfZ) soll Lügen, Halbwahrheiten und Auslassungen deutlich machen und ca. 2000 Seiten umfassen. Auch bezüglich des Fachs, in dem „Mein Kampf“ besprochen werden soll, scheiden sich die Geister. In den Deutschunterricht gehört das Buch eher nicht. Hitler in einer Reihe mit bekannten Autoren der deutschen Literaturgeschichte? Auch stilistisch und grammatikalisch erreicht es bei weitem kein angemessenes Niveau.

Die Auseinandersetzung mit der Historie des eigenen Landes muss am ehesten im Geschichtsunterricht stattfinden. Dann aber das Buch eines Mannes nicht mit einzubeziehen, der der Geschichte eines Landes seinen – wenn auch absolut hässlichen –  Stempel aufgedrückt, grenzt fast an Ignoranz.

Gerade in der heutigen Zeit – mit Blick auf die rechten und extremistischen Parteien, die unter anderem wegen der Flüchtlingsthematik wieder stark zulegen – ist es wichtiger denn je, schon im Bildungsprozess den Propagandamechanismus zu erklären und diese menschenverachtende Schrift historisch zu entlarven. Es ist auch für die Forscher des IfZ entscheidend zu zeigen, dass die Ideologie des Diktators nicht plötzlich von außen über Deutschland kam, sondern tief in der deutschen Gesellschaft und Kultur verwurzelt war.

Für Charlotte Knobloch, Ex-Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, ist „eine Erziehung von Schülern zu geschichts- und verantwortungsbewussten Menschen auch ohne die zutiefst antijüdische Schmähschrift denkbar und wünschenswert.“

Alleine wegen der Bedeutung für die Geschichte Deutschlands ist ein kompletter Verzicht im Schulunterricht aber sicher der falsche Weg. Zumindest Auszüge aus der kritischen Version müssen mit den Schülern – beispielsweise mit behutsamen Gegenwartsbezügen – aufgearbeitet werden.

2 Gedanken zu “Hitler statt Goethe und Schiller?

  1. Ein schwieriges Thema…eigentlich war es ja ganz okay, dass wir in den letzten Jahren nichts mit diesem Buch zu tun hatten…ich denke aber, dass so etwas wie ein Verbot immer zur Mystifizierung beiträgt…ich habe neulich wieder mal ein paar Auszüge mitbekommen und ich muss sagen besonders furchtsam bin ich nicht…war kein unbedingt begnadeter Schreiber der Mann…

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    1. Ja, man kann stets beide Seiten ein bisschen nachvollziehen. Ich finde, mit deinem Mystifizierungs-Aspekt hast du ziemlich ins Schwarze getroffen. Und eine wissenschaftliche Auseinandersetzung sollte meiner Meinung nach mit jeder Quelle, sei sie auch noch so verwerflich, möglich sein!

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